Sonntag, 25. Januar 2009

Reise durch den äussersten Nordosten Jordaniens

Ich entschied mich, dieses Wochenende noch eine letzte Reise zu unternehmen. Eigentlich wollte ich dabei das immer noch gültige Zugbillett (welches ich ursprünglich für die Reise nach Syrien gekauft hatte) brauchen und mit diesem bis nach Mafraq fahren und dann weiter nach Irbid. Das Organisieren der Zugfahrt mit dem Verantwortlichen der Jordan Hejaz Railway gestaltete sich aber so mühsam, dass ich es schliesslich bleiben liess... Nun werde ich mir eben nächste Woche das Geld fürs Zugticket rückerstatten lassen! Ich hoffe, dies wird nicht ähnlich kompliziert... Dann hatte ich vor, erneut ein Auto zu mieten und mit diesem zwei Tage durch den äussersten Norden von Jordanien zu fahren. Doch plötzlich erschien mir ein alleiniges Herumreisen mit dem Auto als langweilig und ausserdem ziemlich kostspielig!

So begab ich mich am Freitagmorgen zum Busbahnhof und nahm den nächsten Bus nach Irbid. Die gut einstündige Fahrt war sehr kurzweilig, da ich mich mit meinem Sitznachbar auf französisch prächtig unterhielt. Einmal mehr musste ich also meine bescheidenen Französischkenntnisse abrufen, er sprach ganz passabel Französisch und vor allem mit grosser Begeisterung... In Irbid hatte ich mich mit Ahmed, einem hier wohnenden Arbeitskollegen, verabredet. Am Busbahnhof angekommen, versuchte ich ihn gleich einmal anzurufen. Dummerweise störte ich ihn gerade beim Beten... Kurze Zeit später holten er und sein kleiner Bruder mich aber ab und sein Vater fuhr uns zu ihrem Zuhause.

Ahmeds Familie hatte mich an ihrem Feiertag zum Essen eingeladen, welch eine Freude:-) Zuerst wurde ich im grossen Wohnzimmer empfangen und lernte dort Ahmeds Onkel und Schwager kennen. Dann führten sie mich ins Esszimmer, wo ein richtiges Festmenu auf uns wartete: Es stand eine riesige Platte mit Mansaf in der Mitte und dazu gab es auch noch mit Reis gefüllte Weinblätter und Moussaka (ein Gericht aus Auberginen, Tomaten + Hackfleisch). Das Essen schmeckte ausgezeichnet und ich überass mich wieder einmal! Mit dem Sitzen hatte ich ziemlich Mühe, ich bin mir einfach nicht gewohnt, auf dem Boden zu hocken... Um die Qual etwas zu mildern, änderte ich ständig meine Sitzposition, was meine Gastgeber belustigt wahrnahmen;-) Nach dem Essen gingen wir zurück ins Wohnzimmer, wo wir bei einem Tee plauderten. Es war zeitweise eine ziemlich machohafte Unterhaltung, die auch nicht unterbrochen wurde, als Ahmed und sein Vater sich dem Beten widmeten... Natürlich waren keine Frauen dabei;-) Die ganze Zeit hatte ich ausser der kleinen Tochter von Ahmeds Onkel kein einziges weibliches Wesen zu Gesicht bekommen! Bei einer solch traditionellen und religiösen Familie ist dies aber leider wohl nichts Aussergewöhnliches...

Jetzt führte mich Ahmed ein wenig durch seine Heimatstadt, eine grosse Studentenstadt im Nordosten des Landes. Für einen Touristen gibt es nicht allzu viel zu sehen, trotzdem machte es mir Spass, mit Ahmed durch Irbid zu laufen. Bei Ahmeds Coiffeur machten wir einen Zwischenstopp, denn er wollte sich noch rasieren und die Haare schneiden lassen. Später trafen wir seinen besten Kollegen. Bevor wir uns in ein Café in der sehr lebendigen Universitätsstrasse setzten, musste Ahmed zum erneuten Beten noch kurz in die Moschee... Danach führten mich die beiden zum Hotel und handelten für mich einen guten Preis für ein hübsches Zimmer aus. Als ich das Zimmer bezog, war es bereits wieder Zeit zum Beten und Ahmed versuchte verzweifelt auszumachen, in welcher Richtung nun Mekka liegt. Er fragte mich ernsthaft nach einem Kompass und tatsächlich hätte ich zufällig fast einen in meinem Rucksack dabei gehabt;-) Nach einem Telefonanruf erschien der Receptionist in meinem Zimmer, brachte Ahmed einen Gebetsteppich und klärte ihn über die Himmelsrichtungen auf... Nachdem Ahmed und sein Kollege sich von mir verabschiedet hatten, zog ich noch ein wenig durch die Universitätsstrasse und verbrachte eine lange Zeit im Internet-Café. Um 01.00 Uhr machte ich mich auf den Nachhauseweg und kaufte mir in der immer noch geöffneten Bäckerei noch ein paar Süssigkeiten...

Am Samstag Morgen fuhr ich nach Umm Qays im äussersten Nordosten Jordaniens an der Grenze zu Israel und Syrien. Es war noch relativ früh am Morgen, darum waren erst drei weitere Leute bei diesem Touristenziel zu erblicken: Zwei spanischsprechende Brasilianer mit ihrem älteren Guide, der Spanisch, Deutsch, Englisch und natürlich Arabisch redete! Das auf einer Anhöhe liegende Umm Qays bietet einen herrlichen Blick auf den See Genezareth (See von Tiberias), das nördliche Jordantal und die Golanhöhen und ist historisch, religiös und strategisch ein äusserst bedeutender Ort! Die römischen Ruinen (Theater, Basilika, Cardo etc.) waren allerdings nicht sonderlich beeindruckend, für jemanden der schon Bosra, Palmyra, Petra und Jerash besucht hat.

Weil ich nicht auf dem gewöhnlichen Weg nach Amman zurückfahren, sondern nochmals durchs Jordantal reisen wollte, suchte ich nun nach einer Möglichkeit, um hinunter ins Tal zu gelangen. Ein Bus fährt leider auf dieser Strecke nicht, so musste ich ein ziemlich teures Taxi nehmen. Dies hat sich aber gelohnt: Eine steile, enge Passstrasse führte durch eine schöne Landschaft vorbei an vielen Feldern, Bedouinen mit ihren Viehherden und zum Schluss noch an Thermalquellen! Auf dem Weg begegneten wir immer wieder kleinen Lastwagen, die vollbeladen mit Gras für ihr Tiere vom fruchtbaren Jordantal in die Hochebene fuhren. Unten in Shuna ash-Shamaliyya (ganz im Norden des Jordantals) angekommen, war die Taxifahrt beendet, denn von hier fahren Busse südwärts durchs Jordantal.

Bevor ich den Bus bestieg gönnte ich mir mein bisher bestes Falafel-Sandwich überhaupt, das noch mit einigen Stücken Leber verfeinert war:-) Für die Reise kaufte ich mir auch noch eine riesige, herrliche duftende Pita direkt aus dem Ofen. Die Fahrt durchs Jordantal war faszinierend: Auf dem gesamten Weg von ganz im Norden bis ganz in den Süden (fast 100 Kilometer) gab es links bis in die Hänge und rechts bis zum Jordan Felder und Treibhäuser so weit das Auge reicht zu bewundern! Nach dreimal Umsteigen hatte ich Shuna al-Janubiyya (ganz im Süden des Jordantals) erreicht und hatte bereits wieder Hunger. In einem kleinen Restaurant ass ich ein Kabāb-Sandwich und nahm dann den Bus zurück nach Amman.