Mittwoch, 28. Januar 2009

Alltag in der Fremde oder andere Länder, andere Sitten

Obwohl ich mich sehr gut in Amman eingelebt und bestens an die jordanischen Gepflogenheiten gewöhnt und angepasst habe, sorgen gewisse Gewohnheiten der Einheimischen bei mir immer mal wieder für ein Lächeln, Kopfschütteln oder einfach nur Staunen! Deshalb möchte ich an dieser Stelle über einige Eindrücke, die ich in dieser fremden Welt gemacht habe, ein bisschen erzählen.

Unangenehm war es mir beispielsweise, als uns ein “Butler“ nach einem grösseren Einkauf mit dem vollbepackten Einkaufswagen bis zum Ausgang des Shoppingcenters begleitete! Silvan und ich nahmen die groteske Situation aber mit Galgenhumor und witzelten, ob wir heute wohl auf die Heimfahrt per Taxi verzichten und ihn den Wagen bis nach Hause hinter uns herschieben lassen sollten;-) Für Heiterkeit beim einen und nassen Kleidern beim anderen kann jeweils das Öffnen einer Wasserflasche sorgen! Diese sind hier nämlich bis zur Oberflächenspannung gefüllt und man muss sich zuerst daran gewöhnen, sie ganz sorgfältig zu öffnen und so das kostbare Gut nicht auszuleeren...

Erschreckend ist für mich, wie sorglos die Jordanier mit der Umwelt umgehen, besonders in Anbetracht dessen, dass dies eigentlich vielerorts ihr einziges Kapital ist/wäre... In diesem von grösster Wasserknappheit betroffenen Land wird Wasser verschwendet, Motoren an stehenden Fahrzeugen werden minutenlang laufen gelassen, Abfall wird überall “entsorgt“ bzw. in der Natur verbrannt, an Abfalltrennung ist schon gar nicht zu denken... Schockierendste Beispiele gab es diesbezüglich bisher zwei, drei: Als unser Guide in Wadi Rum auf der sandigen Piste eine Ölflasche entdeckte, hielt er vorbildlich (wie wir dachten...) an. Als wir anboten, die Flasche zu holen, gab er zu verstehen, dass er sich darum kümmern werde! Er begab sich zum Corpus Delicti und inspizierte es misstrauisch. Als er sich vergewissert hatte, dass es sich beim Gegenstand nicht um eine Bombe handelt und die Flasche leer ist, kickte er sie einfach weg:-( Völlig unverständlich, wenn man bedenkt, wie lange es in der Wüste nur schon dauert, bis sich organische Abfälle zersetzen und wie schrecklich eine Wüste voller Abfall aussieht... Leider waren Miriam und ich zu perplex, um ihn darauf anzusprechen! Einige Tage später, beim Einkauf im naheliegenden Shopping-Center, verstaute der “Abpacker“ fast jeden einzelnen Artikel in einem massiv überdimensionierten Plastiksack, so dass wir mit mehr als zehn solchen den Laden verliessen... Unglaubliche Ressourcenverschwendung! Erst kürzlich stellte ich zudem fest, dass eine Arbeitskollegin stets etwa eine Viertelstunde vor sie nach Hause fährt, im Mantel zum Auto läuft, den Motor anstellt, um das Auto aufzuheizen und dann zurück im Büro nochmals etwas arbeitet!

Nicht ganz verstehen kann ich, dass es beim Beten vor allem auch darum gehen soll, Punkte bei Gott zu sammeln und darum gemeinsames Beten (verbunden mit mehr Punkten!) besser sei... Selbstverständlich fällt es mir auch schwer zu verstehen, weshalb jemand ein schlechterer Mensch sein soll, wenn er/sie Musik hört oder sie kein Kopftuch trägt... Kürzlich hatte das Beten übrigens sehr positive Folgen: Nachdem sogar der König am Freitag in der Moschee für Regen gebetet hatte, wurde dies prompt erhört! Am nächsten Tag gab es tatsächlich ein relativ heftiges Gewitter, welches die Strassen gleich in Bäche verwandelte... Zum Glück konnte ich mir verkneifen zu fragen, warum der König und alle anderen Gläubigen Allah nicht öfter um Regen bitten, beispielsweise während Dürreperioden im Sommer;-) Natürlich war ich aber auch sehr froh über den Regen und hoffe, dass er die Wasserknappheit etwas mildert und ein Ende der manchmal nur noch tröpfelnden Hähnen mit stinkendem Wasser bedeutet! Mir ist schon mehrfach passiert, dass unter der Dusche (plötzlich) fast kein Wasser mehr floss: Dies ist besonders ärgerlich, wenn man sich erst gerade eingeseift hat...

Erfreulich finde ich, dass hier auf einfache Weise etwas Geld eingespart werden kann, wenn man mal knapp nicht genügend Kleingeld für den zu bezahlenden Betrag hat. In solchen Fällen wird häufig ein Rabatt von 10 - 20 Piaster gewährt und schon reicht das Kleingeld aus:-) Andererseits muss man sich teilweise auch wehren, dass man vor allem bei Taxifahrern nicht einen willkürlichen Zuschlag bezahlen muss. Ohne Begründung wollte zum Beispiel ein Taxifahrer auf der Rückfahrt vom Shopping-Center einen JD (1 Jordanischer Dinar = ~ 1,50 CHF) mehr verlangen. Silvan liess sich zwar erweichen, ich wehrte mich aber vehement dagegen und so zahlten wir dem wütenden Fahrer wie üblich den auf dem Taxameter stehenden Betrag;-) Ansonsten treffe ich hier aber fast nur freundliche Leute an. Besonders schön ist es, immer wieder den gleichen Personen zu begegnen: So zum Beispiel der lachenden Putzfrau, dem gesprächigen Tante Emma-Ladenbesitzer, dem sympathischen Bäcker und vor allem auch dem fröhlichen Maisverkäufer, bei dem es mir schwer fällt vorbeizugehen, ohne einen der feinen Maiskolben zu kaufen... Solche flüchtigen Bekanntschaften geben einem das Gefühl, zu Hause zu sein:-)

Über Preise und Öffnungszeiten von Geschäften gibt es auch Einiges zu berichten: So kaufe ich mir öfters mal die feinen Pitas bei unserem Hausbeck erst spät abends, das bedeutet irgendwann zwischen 22.00 und 24.00 Uhr... Einmal waren leider schon alle Brote verkauft, da verzichtete der Verkäufer spontan auf einige der seinen und überliess sie mir:-) In der Bäckerei gleich um die Ecke gibt es übrigens die kleinen, meines Erachtens besten Pitas überhaupt für unglaubliche 2 Fils (= ca. 3 Rappen) pro Stück... Vor ein paar Wochen war es endlich einmal Zeit zum Coiffeur zu gehen! Kurzentschlossen entschied ich mich um Mitternacht zu versuchen, mir noch in einem der unzähligen, jeden Tag geöffneten Coiffeur-Salons die Haare schneiden zu lassen;-) Tatsächlich war dies um diese Zeit noch möglich und kostete erst noch läppische 3 JD...

Beim Joggen durch das Universitätsgelände nutze ich manchmal gleich noch die Gelegenheit, um ein paar Postkarten zu versenden. Briefkästen sind in Jordanien nämlich eine ziemliche Rarität und unser nächster befindet sich eben bei der Universitäts-Poststelle. Auch sonst gibt es betreffend Post einiges für uns Ungewöhnliches zu berichten: Nichts allzu Spezielles ist, dass man Briefmarken fast nur auf der Post bekommt (dies kennt man ja noch aus vielen Ländern). Aber dass dann die Preise für Briefmarken (mit einem willkürlichen Zuschlag auf den Markenwert) variabel sind, empfinde ich doch als ziemlich komisch... Briefträger gibt es hier auch (fast) keine, man muss nämlich die Post im Fach abholen gehen! Ausserdem versendet das ERC (die Abteilung, wo ich arbeite) nur gerade Post, wenn auch der firmeneigene Fahrer zur Stelle ist... Über die Zuverlässigkeit der Jordanischen Post hülle ich hier lieber den Mantel des Schweigens;-)

Die Jordanier sind eigentlich überhaupt nicht sportlich und der Stellenwert des Sports (vielleicht einmal abgesehen von Fussball) ist hier sehr gering:-( In letzter Zeit habe ich aber festgestellt, dass hier indirekt doch einiges für die Fitness getan wird und sogar die muslimische Religion das Ihre dazu beiträgt: So werden beispielsweise vor dem Beten die Füsse auf akrobatische Weise im Lavabo gewaschen und das Beten selber mit seinem mehrmaligen Niederknien und wieder Aufstehen ähnelt auch stark einer Gymnastik-Lektion. Aber auch der alltägliche Gang durch die Stadt tut etwas für die Volksgesundheit: Die teilweise extrem hohen Trottoir-Absätze zwingen einem fast zum Klettern und die oftmals mitten auf dem Trottoir stehenden Bäume verleiten einem zu “Slalom-Läufen“;-)
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